
Sabbaticals als Unternehmens-Benefit
Immer mehr Beschäftigte wünschen sich eine berufliche Auszeit, und zwar vor der Rente. Eine begrenzte Arbeitsfreie Zeit, ohne das Arbeitsverhältnis beenden zu müssen, um kleine oder größere Lebensträume verwirklichen zu können. Wer weiß, ob man später noch fit genug ist, um ferne Länder zu bereisen oder an einem aufwändigen sportlichen Wettbewerb teilzunehmen?
Der Wunsch nach einer Auszeit ist nachvollziehbar.
Doch welches Interesse können Arbeitgeber haben, diesen Wünschen nachzukommen? Ist es nicht viel zu aufwändig und umständlich ein solches Sabbatical zu organisieren? Und wer soll die Arbeit machen, während der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin auf Weltreise ist?
Punkten mit Arbeitgeberattraktivität
Es hat sich herumgesprochen, dass es für Unternehmen immer schwieriger wird Fachkräfte zu gewinnen UND zu behalten. Qualifizierte Fachkräfte werden aktiv von Headhuntern angesprochen und abgeworben. Mitarbeiterbindung ist wichtiger denn je. Kann der Arbeitgeber den Wunsch nach einem Sabbatical erfüllen, erhöht es enorm die Mitarbeiterzufriedenheit und damit automatisch auch die Mitarbeiterbindung.
Bei der Suche nach neuen Fachkräften müssen sich Unternehmen immer mehr bei diesen „bewerben“ als umgekehrt. Wie gut macht es sich dann, wenn bereits schon auf der Stellenanzeige damit geworden werden kann, dass Sabbaticals im Unternehmen möglich sind.
Die Argumente für arbeitgeberseitige Angebote für Sabbaticals dürften auf der Hand liegen.
WIE geht Sabbatical?
Wenn es an die konkrete Umsetzung von Sabbaticals geht, stellt sich die Frage, wie genau kann ein Sabbatical gestaltet und geregelt werden?
– Was ist ein Sabbatical genau? Unter einem Sabbatical versteht man eine zeitlich begrenzte Auszeit (in der Regel zwischen drei Monaten und einem Jahr) in einem Arbeitsverhältnis, ohne dass das Arbeitsverhältnis beendet wird.
Einen fest definierten RechtsbegriY gibt es nicht, auch keine gesetzliche Regelung. Andere BegriYe sind „berufliche Auszeiten“ oder „mini-retirements“.
Grundlage für ein Sabbatical muss eine vertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern sein.
Für diese Sabbatical-Vereinbarung gibt es Gestaltungsspielräume. (Fast) alles darf, nichts muss.
Im Folgenden sollen Beispiele für mögliche Sabbatical-Regelungen gegeben werden mit Umsetzungstipps für die Praxis.
Sabbatical-Modelle
In der Praxis haben sich verschiedene Modelle zur Umsetzung eines Sabbaticals etabliert.
Es sind befristete unbezahlte Auszeiten wie auch längere bezahlte Freistellungen möglich.
Die Idee und das Ziel der hier dargestellten Sabbatical-Modelle ist, dass während der vereinbarten Auszeit das Arbeitsverhältnis erhalten bleibt und die Sozialversicherung der Mitarbeiter während des Sabbaticals gewährleistet ist.
Darüber hinaus sind auch andere Modelle ohne Versicherungsschutz möglich, diese sollen hier aber unberücksichtigt bleiben.
Das „Mini-Sabbatical“
Die schnellste und einfachste aber natürlich auch kürzeste Variante für ein Sabbatical ist mit einer Auszeit bis zu einem Monat möglich.
Diese kurze Auszeit wäre sowohl als bezahlte aber auch als eine unbezahlte Freistellung möglich.
Die Vorteile bei diesem „Mini-Sabbatical“ sind:
– es kann sehr schnell ohne größere Vorplanung umgesetzt
– eine Vertretung ist in der Regel nicht erforderlich
– dieser Zeitraum kann in der Regel von den Beschäftigten selbst finanziert werden
– es ist eine Anknüpfung 7Kombination an einen bezahlten Urlaub möglich
– es besteht bei einer Freistellung von bis zu einem Monat weiterhin der volle
Sozialversicherungsschutz im Rahmen des Arbeitsverhältnisses
Vor allem der Vorteil, dass bei einer beruflichen Auszeit von bis zu einem Monat weiterhin der volle Sozialversicherungsschutz (Krankenversicherung, Rentenversicherung) besteht, macht dieses Modell sehr attraktiv. Zudem ist keine große Vorbereitung oder Planung erforderlich.
Mit einer entsprechenden Absprache zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmers wäre eine Kombination von bezahlen Urlaub, ggf. auch Überstundenabbau plus anschließendem Sabbatical möglich, so dass durchaus insgesamt eine dreimonatige Auszeit umgesetzt werden könnte.
Längere Sabbaticals
Besteht der Wunsch nach einem längeren Sabbatical von einem halben Jahr oder einem Jahr, ist etwas mehr Planung und Vorbereitung erforderlich, wenn diese Auszeit auch über das Arbeitsverhältnis finanziert und versichert sein soll.
Vielen ist das Modell der Altersteilzeit bekannt mit dem dort sehr üblichen Blockmodell. Also es wird zum Beispiel zwei Jahre lang in Vollzeit gearbeitet, aber es wird nicht der volle Lohn ausgezahlt, sondern z.B. nur 70%. Die weiteren 30% werden auf einem Arbeitszeitkonto angespart, aus dem in Anschluss an die Ansparphase, die Freistellungsphase folgt, die über das Arbeitszeitkonto (in der Regel mit einem Zuschuss des Arbeitgebers) finanziert wird.
Etwa in dieser Art ist auch die Umsetzung von längeren Sabbaticals möglich. Es erfolgt eine Ansparphase auf einem speziellen Arbeitszeitkonto – dem Zeitwertkonto – und eine Freistellungsphase, die das eigentliche Sabbatical ist.
Beschäftigte können individuell bestimmen, wie viel sie auf einem Zeitwertkonto ansparen. Ob es ein kleiner monatlicher Betrag des Gehalts ist, ob es Überstunden sind oder einzelne Urlaubstage, oder eine Prämie oder Bonus, da gibt es viele Möglichkeiten.
Es ist also eine etwas längere Planung erforderlich, wenn ein längeres Sabbatical umgesetzt werden soll. Deshalb wäre es sinnvoll, dass Arbeitgeber, die solche Zeitwertkonten eigerichtet haben, bereits bei der Einstellung den Mitarbeitern dieses Model vorstellen und Ihnen die Möglichkeiten des Ansparens auf das Zeitwertkonto aufzuzeigen. So könnte ein neuer Mitarbeiter von Anfang an auf das Zeitwertkonto ansparen und z.B. nach vier Jahren sein erstes Sabbatical umsetzen.
Natürlich ist die erstmalige Einrichtung von Zeitwertkonten mit einem gewissen Aufwand verbunden, da es eine paar gesetzliche Vorgaben gibt, wie z.B. die Insolvenzabsicherung der Wertguthaben. Dafür gibt es spezialisierte Anbieter am Markt, die als Dienstleister alles gesetzeskonform für die Unternehmen einrichten. Diese Dienstleistung müsste einmalig eingekauft werden, wenn Arbeitgeber Sabbaticals zur Steigerung ihrer Arbeitgeberattraktivität ihren Beschäftigten anbieten möchten.
Es gibt für die Freistellungsphase des Sabbaticals mit Vergütung aus dem Zeitwertkonto die Vorgabe, dass das angesparte Wertguthaben für die monatliche Auszahlung von mindestens 70% des durchschnittlichen Gehalts reichen muss. Das muss bei der Umsetzung beachtet werden. Die gesetzliche Regelung, die diese Zeitwertkonten mit Versicherungsschutz ermöglicht ist das sog. Flexi II Gesetz in § 7b SGB IV.
Empfehlung: Definierte Rahmenbedingungen für Sabbaticals
Damit die Umsetzung von Sabbaticals für Arbeitgeber praktikabel umsetzbar ist, sollten Rahmenbedingungen festgelegt werden. Da es keine gesetzliche Regelung oder Vorgaben zur Dauer von Sabbaticals gibt, wäre sonst jede Dauer denkbar, so dass unzählige individuelle Sabbatical-Vereinbarungen möglich wären.
Grundsätzlich sind Sabbatical-Angebote freiwillig, so dass Arbeitgeber hier die Bedingungen stellen können und festgelegte Sabbatical-Modelle anbieten können und zur Vereinfachung auch tun sollten.
Dabei sollte nicht nur die mögliche zulässige Dauer von Sabbaticals geregelt werden, sondern z.B. auch
– ab welcher Betriebszugehörigkeit erstmalig ein Sabbatical möglich sein soll,
– welche Ankündigungsfrist einzuhalten ist,
– was im Fall einer Erkrankung gilt,
– was mit Arbeitsmitteln während des Sabbaticals passiert
– Hinweise auf die weiterhin geltenden Geheimhaltungspflichten und Wettbewerbsverbot
– Ggf. weitere betriebliche oder individuelle Besonderheiten.
Es ist somit für Unternehmen, die ihren Beschäftigten Sabbaticals anbieten möchten zu empfehlen, die Rahmenbedingungen für die Inanspruchnahme von Sabbaticals in einer Richtlinie festzuhalten und zu kommunizieren.
In Betrieben, in denen Betriebsräte gebildet sind besteht eine Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Ausgestaltung von Sabbaticals. Hier sind entsprechende Sabbaticals- Betriebsvereinbarungen abzuschließen unter Mitwirkung des Betriebsrats.
Die inhaltliche Ausgestaltung solcher Sabbaticals-Richtlinien oder Betriebsvereinbarungen sind für jedes Unternehmen sehr individuell, je nach Branche und Tätigkeiten.
Auch hier macht es Sinn, sich Unterstützung von externen Beraterinnen und Beratern einzuholen, die hier spezialisiert sind, um solche betriebliche Sabbatical-Vereinbarungen inhaltlich auszugestalten.
Rechtsanwältin Smaro Sideri ist zum Beispiel eine spezialisierte Fachanwältin, die für die Umsetzung von Sabbaticals eine Arbeitshilfe geschrieben hat (erscheint im Vahlen Verlag). Zudem ist sie erfahrene Beraterin in der Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern und Betriebsräten insbesondere für den Abschluß von Betriebsvereinbarungen.
Vertretung im Sabbatical
Sind nun die Rahmenbedingungen erstellt und werden von den Beschäftigten längere Sabbaticals in Anspruch genommen, stellt sich die Frage, wie wird die „Fehlzeit“ während des Sabbaticals im Unternehmen überbrückt.
Eine ähnliche Situation ist bei der Inanspruchnahme von Elternzeit anzutreYen. Auch dort können Beschäftigte bis zu drei Jahren eine berufliche Auszeit (in diesem Fall zur Kinderbetreuung) in Anspruch nehmen – hier ohne Zustimmung des Arbeitgebers aufgrund gesetzlichen Anspruchs. Auch in diesem Fällen müssen Arbeitgeber für eine Kompensation der eltenzeitbedingten Auszeit sorgen.
Dafür kommt eine befristete Besetzung der Stelle, eine Interimsvertretung in Betracht durch externe oder auch interne Fachkräfte. Gerade dann, wenn eine solche Interimsstelle zur Vertretung für ein Sabbatical ausgeschrieben und extern besetzt werden soll, ist eine bestimmte Vorlaufzeit erforderlich. Aus diesem Grund soll eine der Rahmenbedingungen für ein längeres Sabbatical eine ausreichend lange Ankündigungsfrist sein.
Aber auch hier dürfen die Unternehmen kreativ werden und zum Beispiel die beruflichen Netzwerke wie LinkedIn nutzen, um auf die Interimsstelle auszuschreiben und damit gleichzeitig auf darauf aufmerksam machen, dass im Unternehmen Sababticals angeboten werden. Damit hat man schon kostenlos das employer Branding aufpoliert. Hat der oder die beschäftigte, die das Sabbatical in Anspruch nehmen möchte ebenfalls ein LinkedIn Profil, kann er oder sie auch selbst einen Beitrag in ihrem Netzwerk machen und sozusagen seine/ihre Stelle zur befristeten Übernahme anpreisen.
Möglicherweise ist aber keine externe Besetzung erforderlich, wenn die Rolle/Aufgabe für die Dauer des Sabbaticals intern übernommen werden kann.
Es kann sich als ein interessantes Personalentwicklungsinstrument ergeben, den eigenen Beschäftigten die Möglichkeit zu geben eine andere Position oder Tätigkeit, sofern es fachlich möglich ist zu übertragen und damit einen Quer-Qualifizierung zu ermöglichen.
Arbeitsrechtlich werden hierzu befristete Zusatzvereinbarungen zum bestehenden Arbeitsvertrag abgeschlossen, die die Dauer und den Inhalt der befristeten Vertretung regeln.
Sabbatical für besondere Lebensphasen
Für welchen Zweck ein Sabbatical in Anspruch genommen wird ist jedem selbst überlassen.
Ob es eine Weiterbildung ist, ein längerer Auslandaufenthalt, ein sportlicher Wettbewerb oder ein Hobby, alles ist denkbar.
Ein angespartes Wertguthaben auf einem Zeitwertkonto kann sich aber auch in herausfordernde Lebenssituationen als sehr hilfreich erweisen.
Zum Beispiel, wenn Angehörige von Mitarbeitern pflegebedürftig werden und die volle Aufmerksamkeit und Betreuung brauchen.